Das Fest, mit dem August der Starke im Sommer 1719 die Hochzeit seines Sohnes feiert, ist eines der prächtigsten jener Zeit – und soll den Anspruch des Kurfürsten auf den Kaisertitel hervorheben. Dafür scheut der finanziell klamme Herrscher keine Kosten: Mehr als 100 Gondeln begleiten die Braut auf ihrer Fahrt elbabwärts; vom Ufer bis nach Dresden folgen ihrer Karosse Dutzende Wagen und 6000 Mann zu Fuß. Die Juwelen am Gewand Augusts, der seine zukünftige Schwiegertochter vor der Stadt empfängt, sind zwei Millionen Taler wert; das entspricht einem Viertel des sächsischen Staatshaushalts. Und noch hat das eigentliche Fest nicht einmal begonnen – es wird 14 Tage dauern und Tausenden Zuschauern Feuerwerke, ein Ritterturnier, Theateraufführungen, Opern, Umzüge und Jagden bieten.
GEOEPOCHE EDITION
Der Barock ist ein Zeitalter der Inszenierung
Im Zeitalter des Barock versuchen die Herrscher Europas, sich in der Prachtentfaltung gegenseitig zu überbieten – ob in ihren Festen, der Kunst, mit der sie sich verherrlichen lassen, in ihren Palästen oder den Kirchen, die sie stiften. Denn der Barock – gleichermaßen Epochenname und ein Kunststil, der um 1600 im päpstlichen Rom entsteht und rund 150 Jahre Kunst und Hofleben auf dem Kontinent dominieren wird – ist ein Zeitalter der Inszenierung. In dem der glänzende Schein über den Rang eines Monarchen entscheidet – oft mehr als die Größe seines Landes oder seiner Armee.
So laden Päpste wie Urban VIII., der wichtige Ämter nur an Verwandte vergibt und dessen moralische Integrität zweifelhaft ist, die größten Künstler ihrer Zeit nach Rom: In der Ewigen Stadt begründen Maler wie Caravaggio, Bildhauer wie Bernini und Architekten wie Borromini den neuen, barocken Stil. Überall eifern Fürsten Ludwig XIV. nach, der in Frankreich ein absolutistisches Königtum errichtet; von St. Petersburg bis nach Dresden und Wien entstehen pompöse Residenzen nach dem Vorbild Versailles, demonstrieren Aristokraten mit grandiosen Festen ihren Status. Und in den südlichen Niederlanden feiern Rubens’ üppige Gemälde im Auftrag katholischer Fürsten den alten Glauben, während in den nördlichen Landesteilen Rembrandt und Vermeer den kargen Protestantismus in Bilder fassen.
Kunst als Welttheater
Mit dem Barock widmet sich die GEOEPOCHE-Redaktion erstmals ausschließlich einer Periode der Kunst – im ersten Band einer neuen, großformatigen Heftreihe: GEOEPOCHE EDITION. In opulenten Bildstrecken zeigt das Heft die Schlüsselwerke des Barock – Gemälde, Skulpturen, Kirchen und Paläste –, detailreiche Texte führen in die Epoche ein und schildern unter anderem das wildbewegte Leben Caravaggios, des bedeutendsten Malers des Frühbarock.
GEOEPOCHE EDITION wird sich fortan regelmäßig einer Epoche der Kunstgeschichte widmen und dabei die Geschichten hinter der Kunst präsentieren: Wie arbeiteten Maler früher? Wer waren ihre Auftraggeber? Beeinflussten Glaubensfragen oder Wirtschaftskrisen ihr Schaffen? Welche Botschaft versteckten sie in ihren Werken? Da es in dieser Heftreihe um die Geschichte der bildenden Kunst geht, werden diese Geschichten vorwiegend in Bildern erzählt.
Die erste Ausgabe von GEOEPOCHE EDITION erscheint am 14. April 2010.