Juni 1916: Truppen des Zaren durchbrechen im Verlauf der erfolgreichsten russischen Offensive während des Ersten Weltkriegs die österreichisch-ungarischen Linien im Südwesten der Front und erobern binnen zwei Monaten weite Teile Galiziens. Ein großer Sieg über die Armeen des Habsburger-Kaisers scheint möglich.
Doch dann gerät die Offensive ins Stocken; die Kämpfe fressen sich in einem zermürbenden Stellungskrieg fest. Die Moral der russischen Soldaten sinkt im Winter 1916 auf einen Tiefpunkt. Denn ein siegreiches Ende des blutigen Konflikts ist nicht in Sicht.
Zwei Jahre zuvor hat noch eine Welle der patriotischen Begeisterung Russland erfasst. Eine fahnenschwenkende Menge bejubelte Zar Nikolaus II., als er im Sommer 1914 den Kriegseintritt seines Reiches verkündete. Politiker aller Parteien erklärten ihren Willen, das Vaterland gegen Deutschland und Österreich-Ungarn zu verteidigen. Und weil der Name der Hauptstadt zu deutsch klang, benannte man Sankt Petersburg kurzerhand in Petrograd um.
Doch der vaterländische Taumel endete schon bald. Zwar überrannten die russischen Truppen im August 1914 ihre österreichischen Gegner im südlichen Abschnitt der Front. Im Norden aber erlitt die Armee des Zaren ein Fiasko: Nahe dem ostpreußischen Tannenberg schlug das deutsche Heer die zahlenmäßig überlegene gegnerische Streitmacht vernichtend.
Die russischen Generäle haben auf einen schnellen Sieg gesetzt, auf den nun einsetzenden Abnutzungskampf ist ihr Heer nicht vorbereitet. Den Soldaten fehlt es an Waffen, Munition und Technik. So sind an der gesamten Front, vom Baltikum bis in den Kaukasus, nur zwei motorisierte Krankenwagen verfügbar. Der modernen Artillerie des Feindes können die zaristischen Offiziere oft nur ihre Reiterei entgegensetzen.
Zudem agiert das russische Oberkommando im Grabenkrieg konzeptlos; anstatt beispielsweise Schützengräben ausheben zu lassen, treiben die Offiziere ihre Soldaten massenweise ins feindliche Feuer. Bis zum Ende des ersten Kriegsjahres verliert die zaristische Armee rund 1,8 Millionen Mann.

Im April 1915 zwingt ein deutscher Großangriff die russischen Truppen an der gesamten Front zum Rückzug. Erst im Herbst kann Berlins Vormarsch gestoppt werden.
Zwar stabilisiert sich die Lage in den folgenden Monaten, und mit der Offensive vom Juni 1916 kann die südwestliche Front sogar in Richtung Westen verschoben werden. Doch letztlich bringt der Vorstoß keinen strategischen Vorteil, denn die Truppen Österreich-Ungarns lassen sich nicht wie erhofft ausschalten: Dank massiver Unterstützung durch deutsche Soldaten kann sich die k. u. k. Monarchie im Krieg halten.
Vergebens erscheinen nun vielen die Opfer, die Russland für diese Offensive gebracht hat: Die erschöpften Überlebenden müssen weiterhin im blutigen Matsch der Schützengräben kämpfen, und ein Ende des Massensterbens ist nicht zu erwarten.
Auch in den Städten verschärft sich die Lage im strengen Winter 1916. Das Brot wird knapp. Es gibt kaum noch Heizmaterial, weil die Militärs Transportzüge für ihren Nachschub zurückhalten. Die Menschen hungern und frieren. Um die Kriegsindustrie zu finanzieren, lässt der Zar Millionen Rubel drucken. Da dieser vergrößerten Geldmenge in den Geschäften nicht genügend Waren gegenüberstehen, steigen die Preise, macht die Inflation selbst einfache Konsumgüter wie Kleidung schon bald für viele unerschwinglich.
Die zunehmende Not lässt in den ersten Wochen des Jahres 1917 vor allem unter den Arbeitern die Wut wachsen. Während an der Front weitgehend Stillstand herrscht, lähmen Streiks die von den Rüstungsanstrengungen überforderte Wirtschaft, demonstrieren Volksmassen gegen den Zaren und seine Regierung.
Und immer häufiger ist in den Straßen nun ein gewaltiges Wort zu hören: Revolution