Bildessay: Im Reich der Bibel
Es ist ein schmaler, unscheinbarer Flecken an der Ostküste des Mittelmeers, durchzogen von Wüsten und kargen Bergen. Seine Bewohner leben im Schatten großer Mächte, die dem Land ihre Herrschaft aufzwingen. Und doch: Gerade hier entfalten sich im Altertum über ein gutes Jahrtausend hinweg jene Ereignisse, die das bekannteste Buch der Erde schildert - die Bibel - und aus denen zwei Weltreligionen hervorgehen: Judentum und Christentum. Um 1900 bereisen Fotografen die bedeutendsten Stätten dieser Region. Ihre Bilder, aufgenommen vor Industrialisierung und Massentourismus, vermitteln einen Eindruck von einem längst vergangenen Kosmos: dem biblischen Zeitalter
Um 1200 v. Chr.: Der Aufbruch ins Gelobte Land
Er ist ein Findelkind, ein Totschläger, ein schlechter Redner. Dennoch gelingt es Moses, die Israeliten vom ägyptischen Joch zu befreien, im Glauben an Gott hinter sich zu vereinen und ins Gelobte Land zu führen. So zumindest erzählen es die Fünf Bücher Mose, mit denen die Bibel beginnt. Doch was geschah wirklich?
Um 950 v. Chr.: König Salomo
Um 950 v. Chr. steigt ein Mann auf den Thron Israels, der den Traum seiner Untertanen und die Versprechen Jahwes erfüllt: König Salomo ist unfassbar reich und weise, sein Imperium groß. Seine Truppen sind zahlreich, die Handelsflotten weit gereist. Herrscher selbst ferner Staaten rühmen ihn. Doch nur eine einzige Quelle berichtet von den Taten dieses Großkönigs - die Bibel
587-538 v. Chr.: Babylon
Im Jahre 587 v. Chr. unterwirft Nebukadnezzar, Herrscher der Großmacht Babylonien, das hebräische Königreich Juda und verwüstet dessen Hauptstadt Jerusalem. Tausende Judäer - große Teile der Oberschicht - werden Babylon verschleppt, in die Ehrfurcht gebietende Metropole des Siegers. Doch hier, fern der Heimat, revolutionieren die Verzweifelten ihren Glauben: Die disputieren, schaffen neue heilige Texte und erheben - in einem Akt beispielloser Kühnheit - ihren Stammesgott zum allmächtigen Weltenherrscher
167 v. Chr.: Makkabäer-Aufstand
Im Jahr 200 vor der Zeitenwende fällt Judäa an das Reich der hellenistischen Seleukiden. Als deren König die Juden zwingt, anstelle von Jahwe einem heidnischen Gott zu huldigen, rufen ein Priester und seine fünf Söhne zum bewaffneten Freiheitskampf gegen die fremden Herrscher auf
Um 100 v. Chr.: Krieg unter Brüdern
Sie alle sind Juden. Doch nur der Glaube an den einen und einzigen Gott, an die Tora und die Ankunft des Messias eint die Gruppen der Sadduzäer, Pharisäer und Essener, die erbittert um das wahre Judentum streiten. Zu spät erkennt König Alexander Jannai, dass die Rivalität zwischen diesen religiösen Parteien sein Reich zerreißen wird
Um 200 v. Chr. - 106 n. Chr.: Petra - Die Stadt im Fels
Am Treffpunkt zweier Karawanenwege errichten die Nabatäer im 2. Jahrhundert v. Chr. ihre Hauptstadt. Sie erpressen Schutzgeld und Zölle von den Kaufleuten auf deren Weg ans Mittelmeer und kontrollieren bald den gesamten Weihrauchhandel. Ihr Reichtum wird Legende - wie auch ihre aus den Berghängen des Ostjordanlands geschlagene Kapitale, die die Griechen schlicht "Petra" nennen: "der Fels"
40-4 v. Chr.: Herodes - Der verkannte Tyrann
Die Römer machen ihn im Jahr 40 v. Chr. zum König von Judäa. Wer sich fortan gegen ihn stellt, riskiert sein Leben; das gilt selbst für die eigene Ehefrau, die eigenen Söhne. Die Bibel schildert Herodes den Großen zudem als Kindermörder. Dabei deutet vieles darauf hin, dass er nicht der Dämon und Feind Gottes war, als den ihn die Überlieferung gebrandmarkt hat
Ca. 4 v. Chr. - 33 n. Chr.: Jesus
Wohl im Jahr 33 unserer Zeit stirbt in Jerusalem ein jüdischer Wanderprediger am Kreuz, hingerichtet wegen Aufruhrs. Wer ist dieser geheimnisvolle Mann, dessen Wirken die größte Religion der Welt begründet?
Ca. 5-64 n. Chr.: Das Sprachrohr Christi
Jesus verkündet eine neue, radikale Botschaft - gründet aber keine Religion. Das Christentum zu entwickeln ist jenen vorbehalten, die seinen Namen in die Welt hinaustragen, über die Auslegung der Lehre streiten und oft als Märtyrer enden: den Aposteln. Der einflussreichste von allen ist Paulus von Tarsus, ein römischer Jude, der Jesus nie traf
132 n. Chr.: Sturm über dem Heiligen Land
Seit 63 v. Chr. bereits steht Jerusalem unter Roms Kontrolle. Immer wieder erheben sich Widerstandskämpfer gegen die Besatzer, auch im Jahr 132 n. Chr. Angeführt werden sie von einem Mann, den sie "Bar Kochba" nennen. Viele sehen in dem "Sternensohn" den neuen König David
70-180 n. Chr.: Evangelisten
Rund 40 Jahre nach dem Tod Jesu beginnen zahlreiche Autoren, von dessen Wirken zu berichten. Sie alle behaupten, die wahre Geschichte des Heilands zu erzählen, so auch der Verfaser des Johannes-Evangeliums. Doch nur vier dieser Texte nehmen die Kirchenväter in das Neue Testament auf. Sie werden zu theologischen Grundlagen der größten Weltreligion - des Christentums
Zeittafel
Von Abraham bis Jesus Christus