Kolonialzeit: Eroberung eines Kontinents
1901 schließen sich die sechs britischen Kolonien auf dem Fünften Kontinent nach 113 Jahren weißer Besiedelung zum »Commonwealth of Australia« zusammen. Es ist ein Land dramatischer Gegensätze, bewohnt von Nomaden, die in Clans leben und seit Jahrtausenden ihre Stammesgebiete durchstreifen, erobert von Europäern, die Land in Besitz nehmen, einzäunen, ausbeuten. Für die Einwanderer verheißt Australien vor allem Erfolg, die Ureinwohner dagegen haben kaum eine Chance in der anbrechenden Moderne
Karten: Vom Sträflingslager zum Staat
1788 gründen Briten eine erste Siedlung auf dem Fünften Kontinent. Zwei Generationen später sind auf dem Land der Aborigines sechs Kolonien entstanden, die sich 1901 zu einem neuen Staat zusammenschließen: dem Australischen Bund
Frühgeschichte: In einem Land vor unserer Zeit
Vor rund 60 000 Jahren kommen die ersten Menschen über das Meer nach Australien. Sie entdecken einen Kontinent, der von Riesenechsen und großen Beuteltieren bevölkert ist. Im Laufe der Jahrtausende wandern die Aborigines aus dem feuchten Norden in das trockene Zentrum, besiedeln Wälder und Wüsten. Sie entwickeln keine Schrift, keinen Ackerbau – aber eine komplexe spirituelle Welt, in der das Land heilig ist und Wesen aus der Traumzeit in die Wirklichkeit eingreifen
1606: Die rätselhafte Küste
In Europa vermutet man seit Jahrhunderten, dass es tief im Süden einen Kontinent gibt, und träumt von seinen Schätzen und von Fabelwesen. Kapitän Willem Janszoon aber sucht nicht danach: Er will im Frühjahr 1606 Neuguineas Küste kartographieren, vielleicht Gewürze finden und Kontakte mit Einheimischen knüpfen. Doch ohne es zu merken, passiert der Niederländer eine Wasserstraße. Und entdeckt Australien
1788: Insel der Verdammten
Großbritannien will seine Verbrecher loswerden und verfrachtet sie deshalb im ausgehenden 18. Jahrhundert ans Ende der Welt. 1788 landen gut 700 Häftlinge und deren Bewacher nach abenteuerlicher Fahrt in Australien. Die Sträflingskolonie, die sie in der fernen Wildnis gründen, geht durch Gewalt, Elend und Hunger fast unter – und ist doch der Kern, aus dem ein neuer Staat entstehen wird
1803: Umsegelung der Terra Australis
Anfang des 19. Jahrhunderts sind weite Teile des Fünften Kontinents noch unbekannt. Deshalb beauftragt die britische Admiralität den Entdecker Matthew Flinders damit, eine präzise Karte der Küsten anzufertigen. Der junge Kapitän umsegelt als Erster die Rieseninsel – und schlägt einen neuen Namen vor: »Australien«
1830: Treibjagd auf die Ureinwohner
Von Beginn ihrer Besiedelung an dringen die Weißen in die Jagdgründe der Aborigines ein, vergewaltigen und morden – ab 1803 auch auf Van Diemen’s Land, dem späteren Tasmanien. Bis sich die Ureinwohner wehren
1851: Lockruf des Goldes
1851 entdecken Abenteurer in der Ebene von Ballarat Gold. Selbst Anfänger können hier Nuggets aus dem Boden waschen, so nah liegen sie an der Oberfläche. Bald versuchen dort Tausende ihr Glück. Auch die Regierung will von dem Rausch profitieren – provoziert mit ihren Beschränkungen und Gebühren aber einen Aufstand der Goldgräber
1860: Aufbruch ins Outback
Mitte August 1860 starten Robert O’Hara Burke und William John Wills in Melbourne, um als erste Europäer den Kontinent zu durchqueren. Ihre Expedition ist Teil eines wahnwitzigen Wettstreits mit dem Entdecker John McDouall Stuart. Und endet in einer Tragödie durchqueren. Sie kehren nicht zurück
Kunst: Erinnerungen an die Traumzeit
Die Figuren, die Australiens Ureinwohner seit 50 000 Jahren in Stein ritzen, auf Höhlenwände malen, in Holzobjekte schnitzen, sind Symbole ihres Glaubens. Meist erzählen sie Geschichten aus der Traumzeit – als die mythischen Vorfahren der Aborigines die Welt erschufen
1901: Staatsgründung
Noch im Jahr 1900 besteht Australien aus sechs eigenständigen, miteinander rivalisierenden Kolonien unter der Oberherrschaft des britischen Empire. Doch Patrioten träumen von einer mächtigen Nation – und fordern den Zusammenschluss aller Territorien des Fünften Kontinents
1915: Schlacht von Gallipoli
Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbricht, erklärt Australien dem britischen Mutterland begeistert seine Unterstützung. Viele Bürger hoffen, dass sich das junge Land im Kampf der Großmächte als ebenbürtig erweist. Ein Einsatz australischer Soldaten an der türkischen Küste endet indes in einem sinnlosen Blutbad. Und wird dennoch daheim gefeiert als der Moment, in dem Australien zu einer echten Nation heranreift
1928: Flying Doctors
Im Outback, dem kaum erschlossenen Hinterland Australiens, ist das Leben gefährlich und die medizinische Versorgung schlecht. Weil der nächste Arzt oft Hunderte Kilometer entfernt wohnt, sind selbst kleine Verletzungen häufig tödlich. Bis ein Pfarrer namens John Flynn ab 1917 für seine Idee wirbt – die »fliegenden Ärzte«
1930: Die geraubten Kinder
60 Jahre lang lassen australische Behörden Aborigine-Kinder aus ihren Familien entführen. Rund 50 000 Jungen und Mädchen wachsen in Heimen, bei Pflege- und Adoptivfamilien auf, abgeschnitten von ihrer Kultur, geschult zu Dienstmägden und Farmarbeitern. Vor allem Mischlingskinder suchen die Beamten heraus: Das Erbe der Ureinwohner soll aus ihnen herauserzogen werden
1942: Bomben auf Darwin
Am 19. Februar 1942 greifen japanische Piloten die Hafenstadt Darwin an. Rund 250 Menschen sterben, Hunderte werden verwundet. Die Nachricht trifft den Fünften Kontinent wie ein Schock – und schürt die Angst vor einer Invasion durch Tokyos Truppen
1973: Sydney Opera House
Es soll ein Konzerthaus sein, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. 1957 bekommt der dänische Architekt Jørn Utzon ohne feste Designvorgaben den Auftrag, ein Gebäude zu schaffen, das Australiens größte Metropole zur Weltstadt machen soll: die Oper von Sydney. Doch dann läuft vieles schief
2009: Lage der Aborigines heute
Am 13. Februar 2008 hat sich Australiens Regierung erstmals bei den Aborigines für das ihnen zugefügte Leid entschuldigt. Für viele Bürgerrechtler war diese »Sorry«-Rede aber nur der Anfang, denn die sozialen Probleme sind gewaltig: Alkoholismus und Arbeitslosigkeit sind unter den Ureinwohnern weit verbreitet, sie haben schlechtere Bildungschancen und eine weitaus niedrigere Lebenserwartung. 47 Jahre nach der Durchsetzung des Wahlrechts für alle indigenen Australier ist die Nation noch immer zweigeteilt, prägen Diskriminierung und ein oft trostloser Alltag das Leben der Ureinwohner. Dabei kämpfen Clan-Älteste wie Tom Calma schon seit Jahrzehnten um Versöhnung und Chancengleichheit. Jörg-Uwe Albig hat Calma, den australischen Beauftragten für soziale Gleichstellung der Ureinwohner und Rassendiskriminierung, in Canberra getroffen
Vorschau: Die deutsche Romantik
Das nächste Heft erscheint am 17. Juni 2009