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Faustkeile made in China

Funde hoch entwickelter Steinwerkzeuge in Südchina beweisen, dass der asiatische Homo erectus seinen afrikanischen Zeitgenossen technologisch ebenbürtig war

Faustkeile gehören zu den bekanntesten Hinterlassenschaften des frühen Menschen in Afrika, Europa und im Vorderen Orient. Aus Ost- und Südostasien hingegen kannte man die tropfenförmigen Steinwerkzeuge bisher kaum; dort waren überwiegend sehr viel primitiver anmutende Geräte gefunden worden.

Über die Gründe dafür rätseln die Forscher seit langem. Eine Theorie besagt, die asiatischen Frühmenschen hätten ihre Urheimat Afrika schon vor jener Zeit verlassen, als der Faustkeil dort vor etwa 1,5 Millionen Jahren erfunden wurde, und seien in ihrer neuen asiatischen Heimat von dieser Neuerung abgeschottet gewesen. Andere Anthropologen vermuten, der asiatische Homo erectus sei kulturell weniger leistungsfähig und anspruchsvoll gewesen als seine Vettern im Westen.

Doch jetzt haben chinesische und amerikanische Wissenschaftler unter der Leitung von Huang Weiwen und Richard Potts im Bose-Bassin in Südchina eine größere Anzahl von Steingeräten gefunden, die Faustkeilen von der Machart her sehr ähnlich sind: Die Frühmenschen schlugen von einem großen "Kernstein" so lange flache, muschelförmige Stückchen ab, bis die charakteristische Endform erreicht war - ein dicker, runder Griff mit Spitze.

Für die Steingeräte aus dem Bose-Bassin wurde ein Alter von rund 800000 Jahren ermittelt - damit sind sie die ältesten bekannten und sicher datierten menschlichen Werkzeuge in Ostasien. Ihre Ähnlichkeit mit den afrikanischen Faustkeilen lässt es nun möglich erscheinen, dass zwischen den Frühmenschen des Schwarzen Kontinents und denen Vorder- sowie Ostasiens doch Verbindungen existierten. In jedem Fall aber zeigen die Werkzeuge, dass der asiatische Homo erectus vergleichbare technische Fähigkeiten besaß wie sein westlicher Zeitgenosse, und es nicht an mangelnder Intelligenz oder fehlendem Geschick gelegen haben kann, wenn er nur so selten Faustkeile herstellte.

Manche Forscher vermuten, dass die asiatischen Frühmenschen wegen der schlechteren Verfügbarkeit von geeigneten Steinen viele Geräte, die in Afrika oder Europa aus diesem Material gefertigt wurden, stattdessen aus Holz oder Bambus herstellten.

Die neuen Werkzeugfunde in Südchina widersprechen dieser Hypothese nicht. Holzkohlepartikel und verkieselte Holzstückchen, in großen Mengen mit den Steingeräten gefunden, deuten auf verheerende Waldbrände zur Zeit ihrer Fertigung hin. Die Ausgräber haben Hinweise darauf, dass die Brände, welche die Pflanzendecke in der ganzen Region weiträumig vernichteten, von einem Meteoriteneinschlag ausgelöst worden waren.

Als Holz und Bambus daher vorübergehend kaum verfügbar waren, boten sich, durch die Waldbrände freigelegt, Gesteinsvorkommen als Ersatz an. Das Projektil aus dem All, so die Forscher, hätte zu einer zeitweiligen Änderung im technologischen Verhalten des Homo erectus geführt. Nach der Wiederbewaldung indes kehrten die Frühmenschen im Bose-Bassin offenbar zu ihren gewohnten Werkstoffen zurück.

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