Wie bei unserer heutigen Schrift konnten die Maya der klassischen Zeit (300 n. Chr.–900 n. Chr.) jedes gesprochene Wort und jede grammatische Form ihrer Sprache mit Zeichen ausdrücken. Dabei verwendeten sie jedoch keine einzelnen Buchstaben, sondern Bild- und Silbenzeichen. Die Bildzeichen gaben die Bedeutung vollständiger Wörter wieder, die Silbenzeichen einen Laut, der aus einem Konsonanten und einem Vokal bestand. Es gab etwa 800 Zeichen, die nahezu beliebig miteinander kombiniert werden konnten. So war es möglich, den gleichen Begriff durch unterschiedliche Schreibweisen wiederzugeben. Das Wort „Jaguar“ (balam) etwa konnte bildhaft durch den Kopf einer Raubkatze dargestellt werden oder abstrakt durch verschiedene Kombinationen der Silbenzeichen ba, la und ma.

Die Bildzeichen waren jedoch nicht immer eindeutig – schließlich konnte der Kopf einer Raubkatze auch für einen Ozelot stehen. Um die richtige Deutung zu gewährleisten, wurde das Bildzeichen deshalb häufig durch ein oder mehrere Silbenzeichen ergänzt. Für die grammatischen Zeiten wurden Verb-Endungen verwendet,an denen sich ablesen ließ, ob eine Handlung erst begonnen hatte oder bereits abgeschlossen war. Von besonderer Bedeutung für die Erforschung klassischer Maya-Gesellschaften und ihrer politischen Beziehungen sind die Emblemglyphen. Als eine Art Stadtwappen der Maya-Zentren zeigten sie, welcher Herrscherdynastie oder welchem Territorium ein Text zuzuordnen war.