Tiger: Bedrohte Jäger
Elegant streift der Tiger durch den asiatischen Dschungel, den Kopf majestätisch gehoben, das rot-goldene Fell mit den dunklen Streifen schimmert in der Sonne. Die Raubkatze ist eine wahre Schönheit – und genau das wird ihr seit Jahrhunderten zum Verhängnis.
Noch vor hundert Jahren lebten etwa 100.000 Tiger in den asiatischen Wäldern von China, Vietnam oder Russland. Neue Statistiken zählen nur noch etwa 3200 Exemplare von Panthera tigris, wie der wissenschaftliche Name des Tigers lautet. Was ist passiert?
Vom Jäger zum Gejagten
Der Mensch ist der größte Feind der gestreiften Raubkatze - nicht nur, weil er Wälder rodet und dadurch ihren Lebensraum zerstört. Auch heute noch werden viele Tiger von Wilderern gejagt, die das schöne Fell, die Zähne und die Knochen der Großkatze für teures Geld verkaufen wollen. Obwohl die Jagd auf Tiger schon lange verboten ist, wird sie in manchen asiatischen Ländern immer noch nicht ausreichend kontrolliert. Zahlreiche Organisationen, allen voran der WWF, eine der größten Naturschutzorganisationen weltweit, arbeiten seit Jahren daran, den Tiger zu retten. Drei der neun Tiger-Unterarten sind bereits ausgestorben.
Immerhin: In diesem Jahr konnten die Tierschützer einige Erfolge verzeichnen. So wurde im Mai 2012 ein so genannter Amur-Tiger in Nordchina gesichtet. Weltweit gibt es nur noch ungefähr 450 bis 500 Tiger dieser Art. Und obwohl sie einst über den gesamten asiatischen Raum verbreitet waren, leben sie heute vorwiegend in Russland. Tierschützer sind deshalb sehr erfreut, zu erfahren, dass der Amur-Tiger seine alte Heimat wieder zurückerobert und sich in China einen langfristigen Lebensraum aufbauen will.
Die heimliche Tigerüberwachung
Im September 2012 folgte die nächste Erfolgsmeldung. Drei Monate lang wurden Tiger im nepalesischen "Bardia National Park" vom WWF mit Hilfe von Kameras beobachtet. Dabei zählten die Tierschützer 37 Großkatzen in dem rund 1000 Quadratkilometer großen Gebiet. Vielleicht beeindruckt euch diese noch recht kleine Zahl jetzt nicht: Tatsächlich ist sie aber doppelt so hoch wie noch vor drei Jahren! Dieses Ergebnis schürt große Hoffnung bei den Tierschützern des WWF. Sie haben sich das Ziel gesetzt, die Zahl der Tiger weltweit bis zum Jahr 2022 auf mehr als 6000 Exemplare zu verdoppeln.
Das Tiger-Monitoring, wie das Beobachten der Tiger mithilfe von technischen Hilfsmitteln genannt wird, wurde mit sogenannten Kamerafallen durchgeführt. Diese reagieren auf Bewegung, Körperwärme oder beim Durchschreiten einer Lichtschranke: Sobald ein Tiger an der Kamera vorbeiläuft, macht sie ein Foto, ohne das Tier auf seinem Weg zu stören. Mit dem Foto können die Tierschützer dann bestimmen, ob sie diesen Tiger schon einmal gesehen haben: "Immer wenn die Kamerafalle einen Tiger aufgenommen hat, musste ich analysieren, ob wir die Fellmusterung, die bei jedem Exemplar einzigartig ist, schon kannten", erklärt die 27-jährige Tiger-Expertin Sabita Malla. "Jedes neue Streifenmuster machte mich besonders glücklich." Denn es bedeutete, dass ein weiterer Tiger in die Zählung aufgenommen werden konnte.
Wir hoffen, dass es gelingt, die Tigerzahl weltweit zu verdoppeln und dass der Jäger nicht länger zum Gejagten gemacht wird. Dann kann der Tiger wieder durch seine heimischen Wälder streifen - wie vor hunderten Jahren schon.
