Platz 1: Die Verteidigung des Lächelns (Iran)
Und trotz allem: ein Lächeln. Ein tapferes Lächeln, vielleicht sogar ein Augenblick wirklicher Freude. Es ist diese Widerstandskraft, diese Strahlkraft eines Mädchens auf einer Müllhalde im Iran, die das Bild des im Westen weithin unbekannten Fotografen Arez Ghaderi zu einem Symbolbild macht: zum "UNICEF-Foto des Jahres 2016".
Zum Ausdruck einer manchmal auch verzweifelten Hoffnung. Der Hoffnung darauf, dass selbst elende Lebensumstände die Lebensfreude nicht restlos zu zerstören vermögen. Der iranische Fotograf Arez Ghaderi hat das Mädchen in einer provisorischen Zeltstadt irgendwo in der iranischen Khorasan Razavi-Provinz getroffen.
Familien aus der Grenzregion zu Pakistan und Afghanistan haben sich hierher aufgemacht auf der Suche nach neuen Chancen. Während die Erwachsenen in nahen Dörfern nach Arbeit suchen, suchen die Kinder in Plastikbergen nach Brauchbarem, passen auf kleinere Geschwister und auf die mitgebrachten Tiere auf. Und spielen.
Nein, Armut kann nicht glücklich machen. Nirgendwo. Aber im Foto offenbart sich ein Kinderrecht: das Recht, manchmal einfach unbeschwert zu sein. Im Iran gelang es in den letzten 25 Jahren die Kindersterblichkeit von 54 auf 16 Todesfälle pro tausend Neugeborene zu senken. Die Alphabetisierungsrate stieg von 54 auf 85 Prozent. Aber ähnlich wie in anderen Schwellenländern haben hier viele Kinder eine sehr harte Kindheit.
Platz 2: Stunde der Verzauberung (Griechenland)
Den zweiten Preis gewinnt der in Köln lebende Fotojournalist Ali Nouraldin für eine Momentaufnahme im Flüchtlingslager Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze. Er hält eine Stunde der Verzauberung fest, in der Kinder in einem Behelfskino unter nächtlichem Himmel gebannt einen Film verfolgen.
Es ist Nacht angebrochen in Idomeni. Eine Nacht zwischen weiteren Tagen des Wartens, der Bewegungslosigkeit, der Ungewissheit. Über 12.000 Flüchtlinge, meist aus Syrien und in der Mehrzahl Kinder und Jugendliche, harren hier an der griechisch-mazedonischen Grenze aus; gestoppt auf ihrem Weg nach Deutschland, von dem sie träumen.
Freiwillige Helfer haben ein Behelfs-Kino unter freiem Himmel aufgebaut, um die Kinder mit Filmen zu unterhalten. Um sie aus der Lagerrealität zu entführen und ihre Gedanken verreisen zu lassen.
Der Fotojournalist Ali Nouraldin hat diese Stunde der Verzauberung während eines längeren Aufenthalts in Idomeni eingefangen. Besonders berührt haben ihn die ebenso bangen wie hoffnungsvollen Fragen, die ihm immer wieder von den Flüchtlingen gestellt wurden.
So griff ein kleines Kind nach seiner Hand und ließ sich erwartungsvoll von den Schulen in Deutschland erzählen. Und Stunden standen die Menschen nach Landkarten an, um die Straßen nach Norden studieren zu können. Straßen, die ihnen versperrt geblieben sind.
Nouraldin hat Kinder in Zelten, in Warteschlangen, hinter Zäunen und zwischen Schlammlachen fotografiert – und diesen magischen Moment, in dem sich in ihren Gesichtern spiegelt, wie fasziniert sie davon sind, die Gegenwart – bis zum Abspann - vergessen zu können.
Platz 3: Die Kinder, die aushalten müssen (Syrien)
Der dritte Preis geht an den syrischen Fotografen Mohammed Badra. Sein Foto zeigt zwei festlich gekleidete Mädchen in der umkämpften syrischen Stadt Duma, nahe Damaskus
Duma, die neuntgrößte Stadt Syriens, nicht weit von Damaskus. Auch diese Stadt: eine Stadt im Krieg, voller schrecklicher Begegnungen. Auch für die Kinder, und für sie vielleicht noch unfassbarer.
Der Krieg hat den in Duma geborenen Fotojournalisten Mohammed Badra gewandelt: Er wurde zum Zeugen der Ereignisse, er leistete erste Hilfe für den Roten Halbmond, die Schwesterorganisation des Roten Kreuzes, und engagierte sich in der Betreuung von Opfern.
Badras Bild der beiden festlich gekleideten Kinder, der feste Blick des Mädchens in Weiß, der unruhige Blick des Mädchens in Rot, die mit Einschusslöchern übersähte Wand – ein fast unwirklicher Moment im Waffengetöse. Etwa eine Million Menschen betrifft der Krieg in Syrien, letzte Krankenhäuser schließen.
In weiteren Fotos seiner Reportage hat Badra Belege eines ebenso rührenden wie fast unglaublichen Überlebenswillen eingefangen: Kinderspielplätze in Erdbunkern, über deren Eingang Mickey-Mouse-Figuren hängen. Eine Kissenburg mit Bällen hinter Gittern. Und ein Riesenrad, montiert aus zersägten Raketenresten, in einem Bunker aus Beton.
Der Wettbewerb
Mit der Auszeichnung "UNICEF-Foto des Jahres" kürt UNICEF Deutschland seit dem Jahr 2000 Fotos und Fotoreportagen, die die Persönlichkeit und Lebensumstände von Kindern weltweit auf herausragende Weise dokumentieren. Der Wettbewerb richtet sich an professionelle Fotografen.
Alle zwei Jahre werden die besten Bilder und Reportagen des Wettbewerbs auf der Photokina in Köln im Rahmen einer Ausstellung unter dem Titel "Kinder. Die Gegenwart der Zukunft" präsentiert. "UNICEF-Foto des Jahres" wird von der DZ BANK unterstützt.