
Jeder landet anders beim Schreiben
Ein alter Hexer, der sich der schwarzen Magie verschrieben hat und damit sein Heimatdorf in Angst und Schrecken versetzt. Ist das der Stoff aus dem gute Bücher sind? Wolfgang hatte seine Zweifel. Es war sein Opa, Josef Häusler, der ihm die Geschichte erzählt und begonnen hatte sie aufzuschreiben. Wolfgang fand die Story nett - mehr nicht. Nie hätte er gedacht, selbst ein Buch über den alten Hexer zu schreiben. Doch dann kam alles anders: Der Opa wurde krank und bat seinen Enkel am Sterbebett um einen Gefallen: Wolfgang sollte das Buch über den Hexer fertig schreiben - das Buch vom Geigermartl.
Zum Schreiben bist du nie zu jung oder zu alt
Damals war Wolfgang 24. Zu jung für einen Schriftsteller findest du? Von wegen: Kinder-Gruselbuchautor R. L. Stine war erst neun, als er anfing auf der Schreibmaschine kleine Geschichten zu tippen und sie in der Schule zu verteilen. Dass die Lehrer seine Meisterwerke immer wieder einkassierten störte ihn nicht. Auch "Märchenmond"-Autor Wolfgang Hohlbein schrieb seinen ersten Roman mit zehn Jahren. Es gibt aber auch Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die ihre Leidenschaft fürs Schreiben erst später entdecken. Ein Beispiel ist Cornelia Funke. Auf ihrer Homepage verrät sie, dass sie als Kind Astronautin oder Pilotin werden wollte. So kam es, dass sie schon 35 war, als sie sich dem Schreiben zuwandte.
Nachforschen vor Ort...
"Vielleicht war es Schicksal", meint Wolfgang heute. Er wollte seinem Opa den Wunsch erfüllen, obwohl er mit seinem Politikstudium und der Arbeit als Journalist eigentlich genug um die Ohren hatte. Deshalb verbrachte er die Wochen und Monate nach dem Tod des Großvaters in dessen Heimatdorf in Bayern. Das Ziel: So viel wie möglich über den alten Geigermartl und dessen Zauberkünste in Erfahrung bringen. Wer war der Hexer? Hatte er eine Familie? Wer konnte sich an ihn erinnern? Wolfgang besuchte den alten Wirt im Dorf, hörte sich bei den Bauern um und sammelte bei den Dorfbewohnerinnen und -bewohnern jedes Fitzelchen über den Magier. Abends fuhr er zu seiner Oma. Und setzte bei Kaiserschmarren und Kakao die einzelnen Puzzelteile zu einem Bild zusammen.
...in Büchern oder in der eigenen Fantasie
Nicht alle Schriftstellerinnen und Schriftsteller arbeiten so. Manche verbringen Wochen und Monate in Archiven und Bibliotheken, um möglichst viel über ihr Thema in Erfahrung zu bringen. Andere surfen im Internet. Und wieder andere erfinden einfach eine Geschichte. Zum Beispiel Karl May. Der schrieb seine Indianerbücher, obwohl er nie im Wilden Westen war. Alles was er über Cowboys und Indianer wusste, stammte aus Büchern, Reiseberichten oder seiner Fantasie. Die Bücher sind trotzdem klasse. Auch R.L. Stine hat seinen Trick, um auf gruselige Ideen für seine Bücher zu kommen. Er überlegt sich einfach, wovor er sich als Kind gefürchtet hat und versucht das in Worte zu fassen.
Viele Wege führen zum Buch
Es muss also jede und jeder seinen ganz eigenen Weg finden, zu einer tollen Geschichte zu kommen. Auch Wolfgang kam nach und nach dem Leben des Geigermartl auf die Schliche. Sogar ein paar Fotos konnte er auftreiben. Als Schriftsteller bezeichnet sich Wolfgang allerdings gar nicht gern. Dabei könnte er das durchaus machen. Anders als "Architektin" oder "Bürokaufmann" ist Schriftsteller oder Schriftstellerin nämlich keine geschützte Berufsbezeichnung. Das heißt: Jede und jeder der will, kann sich so nennen.

Kann ich den Beruf "Schriftsteller/in" lernen?
Da ist es bloß logisch, dass es auch keine bestimmte Ausbildung zum Schriftsteller oder zur Schriftstellerin gibt. Viele Autorinnen und Autoren haben sich das Schreiben ganz einfach selber beigebracht. Andere studieren an Universitäten oder Akademien, besuchen Kurse oder lesen Bücher. Vorsicht solltest du allerdings bei Angeboten wie "In 30 Tagen zum eigenen Buch" sein. Geld verdienen nämlich erst einmal die Schulen, die solche "Kurse" anbieten. Und hier gibt es viele schlechte Angebote. Es lohnt sich also, sich genau zu informieren, bevor man sich anmeldet. Gut aufgehoben bist du am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Dort gibt es seit 1995 sogar einen Studiengang nur für Schriftstellerinnen und Schriftsteller - mit Prüfung und Diplom.
Und werde ich dabei reich?
Keiner kann damit rechnen als Schriftsteller oder Schriftstellerin reich zu werden. Deshalb grübelte auch Kai Meyer, der Autor der "Wellenläufer"-Triologie, lange, bis er sich entschied, den Job als Journalist an den Nagel zu hängen, und nur noch Bücher zu schreiben. Meyer hatte Glück. Seine Bücher verkauften sich immer besser und die Honorare stiegen an. Kommunikationsdesigner Jörg Hilbert weiß dagegen, wie es sich anfühlt, wenn keiner dein Buch haben will. Zunächst sah es so aus, als ob kein Verlag seinen "Ritter Rost" haben wollte. Das Buchmanuskript verschwand erst einmal in der Schublade. Erst als Hilber auf die Idee kam, aus dem Buch ein Kindermusical zu machen, fand sich auch ein Verlag, der den Ritter veröffentlichte.
Beim Schreiben ist Durchhalten angesagt
"Natürlich hatte ich auch Angst, dass keiner mein Buch lesen will", sagt Wolfgang heute. "Aber ich hatte es meinem Opa ja versprochen." Angst ist sowieso doof. Die blockiert einen nämlich beim Schreiben. Und selbst wenn ein Buch nicht gleich einschlägt, gibt es keinen Grund, den Kopf hängen zu lassen. Schließlich war auch Tolkiens "Der Herr der Ringe" zunächst ein Flop. Zum "Buch des Jahrhunderts wurde die Hobbit-Saga erst im Lauf der Jahrzehnte.
Außerdem musst du nicht der beste Schreiber oder die beste Schreiberin der Welt sein, damit deine Bücher gelesen werden. Deine Geschichte kannst nämlich nur du erzählen. Viel wichtiger ist, dass du jede Menge Durchhaltevermögen mitbringst. Das ist ein bisschen wie bei Fußballprofis. Deren Flanken und Kopfbälle können so gut sein, wie sie wollen, wenn sie nicht die Ausdauer haben, um die 90 Minuten eines Spiels durchzuhalten. Die gute Nachricht: Kondition kann man trainieren.
Wer schreiben will, muss lesen!
R. L. Stine hat noch einen Rat für alle, die Schriftsteller oder Schriftstellerin werden wollen: "Mach dir nicht zu viele Gedanken übers Schreiben. Lies einfach so viel du kannst. Lies so viele verschiedene Autoren wie du kannst und versuche ihre Stile aufzusaugen." Und Andreas Eschbach verrät auf seiner Homepage: "Der Spaß ist das Wichtigste. Wenn einem die Tätigkeit des Schreibens an sich keinen Spaß macht, sollte man es lassen."
Auch Wolfgang hatte eine Menge Spaß und er hat beim Schreiben nicht nur einiges über den Hexer erfahren, sondern auch das Dorf seines Opas und dessen Bewohner von einer ganz anderen Seite kennen gelernt. Und wenn er heute in Richtung Bücherregal schaut, sieht er dort das kleine grüne Buch. "Der Geigermartl von Josef Häusler und Wolfgang Spang" steht in weißen Buchstaben darauf. Und obwohl Wolfgang es nie zugeben würde: ein bisschen stolz ist er schon darauf.
Links zum Thema:
Verband Deutscher Schriftsteller: www.verband-deutscher-schriftsteller.de
Mehr Informationen über Cornelia Funke: vbreitrein.layer2.de/projekt01
Mehr Informationen über R. L. Stine (auf Englisch): www.scholastic.com/goosebumps/books/stine
Mehr Informationen über Kai Meyer: www.kaimeyer.com
Deutsches Literaturinstitut Leipzig: www.uni-leipzig.de/~dll